Gaming: Die Klimakrise hält Einzug in immer mehr Spiele, sowohl on- als auch offline. Können Spiele dazu beitragen, die Perspektive der Menschen zu verändern?

Was wird das Jahr 2050 bringen? Abhängig von Ihren Entscheidungen in dem Spiel „Survive the Century“ könnte die Erde einen Temperaturanstieg von 2 oder sogar 3 Grad Celsius erleben. Top-Schlagzeilen könnten lauten: „Letzte Chance, um sie zu sehen: Fünf Städte werden voraussichtlich innerhalb des nächsten Jahrzehnts versinken“. Es ist ein düsteres Bild, das im Widerspruch zu der Vorstellung von Videospielen als einer Form von Eskapismus oder Spaß zu stehen scheint. Jeden Tag werden wir mit immer mehr Realitäten des Klimawandels konfrontiert, warum sollten wir uns also auch in unseren Spielen mit dem Klimawandel auseinandersetzen?

Games überzeugen und schärfen das Bewusstsein

Spiele bieten ein einzigartiges Format, um wichtige Themen zu lehren, zu überzeugen oder das Bewusstsein zu schärfen, so Dr. Joey J. Lee, Dozent für Technologie und Design am Teachers College der Columbia University und Direktor des Games Research Lab der Schule. Lee (der nicht an Survive the Century beteiligt war, aber andere Spiele entwickelt hat, die sich mit dem Klimawandel und sozialen Problemen befassen) sagt, es gehe darum, „Spieldesigns zu verwenden, um Eudaimonia (menschliches Gedeihen und damit verbunden ein ausgeglichener Gemütszustand) zu fördern, anstatt nur Hedonie (Sucht und vorübergehendes Vergnügen).“

Es gibt einige Dinge, die Spiele besonders gut können, wie z. B. Empathie zu fördern. Es geht darum, Menschen verschiedene Situationen erleben zu lassen, die vom Klimawandel ausgelöst werden, ebenso den Klimawandel für die Spieler relevant zu machen, damit sie verstehen, warum sie sich darum kümmern sollten. Außerdem können konkrete Schritte aufgezeigt werden, die Menschen unternehmen können, um etwas zu bewirken. Und Spiele sind entscheidend, um das Verständnis auf eine Weise zu fördern, die sich ganz von Lehrbüchern unterscheidet, sagt Lee. 

Interaktion macht abstrakte Konzepte greifbarer

„Anstatt Inhalte zu ‚absorbieren‘, bieten sie ein Modell der Realität – oder ein System miteinander verbundener Teile, mit denen ein Spieler interagieren kann“, sagt er. Variablen können reduziert werden, um es den Spielern zu ermöglichen, sich auf bestimmte Aspekte eines Problems zu konzentrieren und die Konsequenzen zu sehen und zu sehen, was passiert, wenn sie mit diesem System interagieren. Abstrakte Konzepte können viel greifbarer gemacht werden. Beispielsweise kann durch die Fähigkeit, unsichtbare Aspekte der Natur zu sehen, visualisiert werden, wie sich der Anstieg des Meeresspiegels über Zeitreisen auf die Küsten auswirkt.

Digitale Spiele lassen sich auch einfach online teilen und tragen so dazu bei, eine Botschaft an die Massen zu übermitteln. Survive the Century zum Beispiel wurde von einer Gruppe von Wissenschaftlern, Ökonomen und Schriftstellern ins Leben gerufen, um den Menschen zu helfen, die Zukunft zu erkennen, die von unseren Handlungen abhängt. Außerdem soll gezeigt werden, welche Auswirkungen unsere täglichen Entscheidungen auf das Klima haben. Virtual-Reality-Erlebnisse – wie Tree, eine VR-Erfahrung, die Sie in einen Regenwaldbaum verwandelt, bei der Sie alles erleben können, von der kleinen Handlung eines Vogels, der auf Ihrem Ast landet, bis hin zu den Verwüstungen eines Waldbrandes – können „emotional beeindruckend und augenfällig“ sein und somit wichtige Gespräche anregen, die zu Veränderungen führen können. Spiele können Menschen ermöglichen, Dinge auf eine andere Weise zu erleben, als sie es tun, wenn sie nur ein Video ansehen. Beyond Blue, mit dem Spieler den Ozean erkunden können, wurde beispielsweise von der BBC-Dokumentarserie Blue Planet II inspiriert.

Lee studiert und entwickelt diese Art von Spielen seit Jahren, veröffentlicht Zeitschriftenartikel über Spiele zum Klimawandel als Werkzeuge für die Bildung und entwickelt Spiele wie EcoChains Arctic Life, ein Kartenspiel, in dem Spieler versuchen, arktische Arten am Leben zu erhalten, während das Meereis schmilzt. Es ist ein Feld, das er in den letzten zehn Jahren schnell wachsen sah.  

Playing for the Planet Alliance

Konferenzen wie das Games for Change Festival bieten Spielprojekte zu sozialen Themen wie dem Klimawandel, und die Vereinten Nationen (UN) haben dieses Jahr ein Handyspiel namens Reset Earth herausgebracht, in dem drei Teenager versuchen, den Planeten zu retten. 2019 hat die UN eine Playing for the Planet Alliance ins Leben gerufen, die mittlerweile große Namen im Gaming-Bereich wie Ubisoft und Sony Interactive Entertainment an Bord hat. Auch viele kleine Entwickler haben Spiele entwickelt, die sich mit dem Klimawandel beschäftigen. Durch den Beitritt zur Allianz haben sich diese Unternehmen verpflichtet, sowohl ihre Betriebe durch Reduzierung des CO2-Fußabdrucks umweltfreundlicher zu gestalten, als auch „grüne Aktivitäten“ in ihre Spielen zu integrieren.

Lee hofft auf weitere Kooperationen zwischen Spieleentwicklern, Klimawissenschaftlern und Akademikern. Der Bereich der Spiele zum Klimawandel wird wahrscheinlich weiter wachsen, weil es so viele Möglichkeiten gibt, das Thema anzusprechen. Außerdem kann jede Art von Spiel einen anderen Zweck erfüllen. „Es ist wahrscheinlich ein Fehler, wenn ein Spieldesign versucht, alles zu tun“, sagt. „Einige Spiele könnten versuchen, Verhaltensweisen zu ändern, andere wiederum das Bewusstsein für eine Ungerechtigkeit schärfen oder ein Thema persönlicher zu machen. Weiter Spiele können neue Diskussionen anregen.

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